Samstag, 5. Januar 2013

Anglophilia

Wie schon erwähnt, bin ich eine begeisterte Trödlerin. In der Oberlausitz habe ich ‚meine zwei festen‘ Lädchen, denen ich regelmäßige Besuche abstatte. Zudem steht mir ein riesiger, alter Dachboden zur Verfügung, auf dem ich nach Herzenslust stöbern, entstauben, suchen und finden kann.

Hin und wieder schlägt mein Trödel- und Vintageherz sogar noch ein wenig höher, nämlich dann, wenn ich in Englands Antikshops oder auf dortigen Flohmärkten unterwegs bin. Und das kommt gar nicht allzu selten vor. Hier kommt eins zum anderen. Das eine kann man als ‘Anglophilia‘ beschreiben. Meine unglaubliche Liebe zu Land, Leuten, Musik, Sprache, Kultur, Kunst, Literatur und ja, auch dem Essen. Glaubt es einfach. Wer mich persönlich kennt, hat schon längst aufgehört zu fragen, woher das eigentlich kommt. Ich weiß es nicht, es ist einfach da, so lange wie ich denken kann. So. 


Dank ‘Anglophilia‘ (hört es sich nicht an wie ein wunderschöner Vorname?!) hat auch hier und da ein bisschen der englische Stil Einzug gehalten. Ein Trödelladenfund, von dem ich meine Augen nur schwer abwenden kann, ist eine alte englische Badewannenarmatur, die unbeachtet vor einem Antiklädchen in einer bezaubernden englischen Kleinstadt lag, in der unmittelbaren Nachbarschaft von Dingen, die mehr oder weniger zum Schrottpreis zu haben waren. Vom schrulligen Ladenbesitzer in Tweed und Schirmmütze war nur zu hören (zu sehen war er hinter seinem vollen Trödel-Counter gar nicht): "...not working, can have it for twenty quid..." Das hieß so viel wie: nur weg mit dem alten Ding, dann muss ich es heute Abend wenigstens nicht wieder rein schleppen. Der Mister hatte wohl Recht, dachte ich beim näheren Betrachten. Nichts ließ sich mehr bewegen, die Farbe des ganzen war eher grün als alles andere. Nur zur Deko war mir die Armatur allerdings zu sperrig und vor allem zu schwer. Hm. Ach, egal, erst mal weiter spazieren, schließlich stand ein Besuch in meinem örtlichen Lieblingscafé und der obligatorische Tea mit den leckeren Scones noch aus.
Ihr könnt euch‘s sicher schon denken; auf dem Rückweg zum Auto reichte ich die 20 Pfund rüber und schleppte das Ding bis zum Parkplatz. Zum Glück kenne ich jemanden, dessen Leidenschaft mal nicht Holz sondern altes Metall ist und bei dem der Spaß am Restaurieren erst mit einer richtigen Herausforderung beginnt. "Bitteschön, für die nächsten Tage deins, probier‘ dich einfach mal dran"  waren meine Worte als ich das schwere Ding wieder aus dem Kofferraum in Deutschland auslud.
Bis dahin hatte ich die Wirkung von heißer Zitrone vollkommen unterschätzt. Mein kleines, schweres Metallmitbringsel hatte in den folgenden Tagen einen richtigen Wellnessaufenthalt in besagter Flüssigkeit. Es wurde komplett in seine Einzelteile zerlegt, alle Dichtungen ausgetauscht, sogar ein wenig neues Metall eingeschweißt. Na bitte, immerhin ließen sich die Hähne wieder bewegen. Die wenigen Restflecken stören mich nicht, sie gehören eben dazu. Danke lieber ‘Metallflüsterer‘! In deiner kleinen Werkstatt von deren Fenster man die Hänge des Rotsteins sieht, geschehen wahre Wunder. Ob die Armatur auch wirklich funktioniert, war bis dahin noch ungewiss.


"Bitte, bitte, bitte". Das musste sich der Installateur mehrmals von mir anhören. "Ich übernehm‘ auch das volle Risiko. Wenn es nicht klappt, ist es nicht deine Schuld." Die Sache mit der Berufsehre und dem guten Ruf kann ich ja nur allzu gut verstehen. Aber so kurz vor dem Ziel aufgeben. Nö, das sah ich nun wirklich nicht ein. Außerdem wartete die Badewanne mit den Löwenfüssen doch sehnsüchtig auf eine passende Ergänzung. Die Aussicht auf eine verlässliche Partnerin, um endlich den Dienst antreten zu können, konnte ich doch nicht so einfach sterben lassen. Mit diesem Argument gelang es mir, den Installateur nun endlich breit zu schlagen. "Jahaaaa, ich übernehme auch die Verantwortung!!! Leg schon los."




Ihr glaubt gar nicht, wie toll es (vor allem bei diesen Temperaturen) ist, die Hähne auf- bzw. zuzudrehen und das heiße Wasser aus dem alten Hahn plätschern zu sehen. Und am Ende bediene ich immer noch ganz ehrfürchtig den großen Hebel, wenn  ich von ‘Bath‘ auf ‘Shower‘ umschalte. Mister Tweed kann sich wegen seiner falschen Prognose ärgern, denn solche alten Schätzchen sind weit mehr wert. Der Installateur war am Ende sehr stolz, mal nicht den genormten Grohe & Co. Standard verbaut zu haben. Und ich freu mich einfach, dass die alte eiserne Lady nun ein zweites Leben auf dem Kontinent führt.

Liebe Grüße,





 







Badewanne: Imperial (www.imperialbathroom.com)
Sessel: Sperrmüll
Aufbewahrungsdose: TKMaxx
Badewannenbrücke: Marks & Spencer

1 Kommentar:

  1. Liebe Bettina, das sieht sehr hübsch aus. Ich freue mich auf mehr. Durch Zufall bin ich auf deinen Blog gestoßen. Ich stamme auch aus Sachsen und habe früher sehr viel Urlaub in der Oberlausitz gemacht. Nun wohne ich in der Nähe von Nürnberg. Ich glaube, es wird mal wieder Zeit für einen Besuch.
    Herzliche Grüße, Barbara

    AntwortenLöschen