Mittwoch, 8. Januar 2014

Kochen anno 1900






Ach, was war das schön. Während der Tage zwischen den Jahren habe ich zu Hause viel in allen möglichen Kisten und Schränken gekramt und gestöbert. Das ist fast so etwas wie eine richtige Tradition; Sortieren und aufräumen kurz vor Jahresende war das nicht allzu streng verfolgte Ziel. Wie fast immer, habe ich natürlich auch etwas Schönes gefunden und zwar bei meiner lieben Mama. Ein altes Kochbuch aus dem frühen 20. Jahrhundert. 






Anders als heute wurde es weniger für passionierte Hobbyköche geschrieben, sondern viel mehr für die Köchin in Stellung eines größeren Hauses. Inklusive Menükalender für jeden Tag des Jahres, um die anspruchsvolle Herrschaft nicht etwa mit einer einfallslosen Menüfolge zu enttäuschen. Für den Fall, dass eine hungrige Gesellschaft im Salon wartet, hält es zudem für jeden Monat eine besondere Dinnerempfehlung bereit. 






Am Schluss liefert es für folgsame Hausangestellte noch ein paar wichtige ‚Schicklichkeitsregeln’. Diese enden mit dem Fazit: 

„Glaube niemand, dass er sich durch Befolgung dieser Schicklichkeitsregeln erniedrigt, er tritt, wie gesagt, dadurch der Herrschaft näher; hat er sich durch ein gutes, gesittetes Betragen die Gewogenheit der Herrschaft erworben, so wird er dadurch am besten für sein Fortkommen sorgen und in späteren Zeiten etwa in sorgenvoller Lage bei der früheren Herrschaft gewiss gern Rat und Beistand finden.“ 

Das waren noch Zeiten... Dieses Kochbuch erschien jährlich neu, ich hielt die Ausgabe aus dem Jahr 1913 in den Händen.

Wer im Januar Gäste erwartet, wie wär’s vielleicht damit:

Hors d'oeuvre, Mockturtle-Suppe, Hühnerbrüstchen mit Farce, Hummer mit Trüffelbutter, Rehrücken mit Salat und Kompott, Champignons mit Schlagsahne, Eistorte, Käseschüssel, Salzmandeln.

Viele Menüempfehlungen und Rezepte sind nicht gerade das, was wir heute landläufig als gutbürgerliche Küche kennen. Ich war ehrlicherweise überrascht, wie vielfältig damals gekocht wurde. Ausprobieren kann man zum Beispiel eine blinde Schokoladensuppe, Steinpilze in Blechbüchsen, Gemsenbraten oder Apfelsinenauflauf. Richtig schmunzeln musste ich, als ich bei dem oben erwähnten Menü a la 1900 tatsächlich zweieinhalb mal bei Wikipedia nachgeschaut habe. (Mockturtle konnte ich ja noch übersetzen, aber war damit tatsächlich falsche Schildkrötensuppe gemeint? Und wenn ja, was wurde statt dessen in die Suppe getan?)

Ich selber habe mich spontan für etwas Einfacheres entschieden, die Nummer 927, Thüringer Pfannenklöße. Allerdings nicht für 20 Personen, wie nämlich sämtliche Rezepte in diesem Kochbuch kalkuliert sind, sondern lediglich für sechs. 




Die Lektüre und den Ausflug in die längst vergangene Zeit habe ich sehr genossen, nicht zuletzt weil Downton Abbey samt Mrs. Patmore für einen Moment plötzlich ganz nahe schienen.   

 Liebe Grüße von










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