Kein heißer Dampf steigt bedeutungsvoll aus der Thermoskanne
empor und auch ziehen keine Nebelschwaden andächtig über die Lichtung. Immerhin
habe ich mein warmes Fleece dabei, falls es dann doch mit Einzug der Dunkelheit
etwas kühler werden sollte. Für ein fröstelndes Händereiben ist es eindeutig zu
früh im Jahr. Mitte August fegen nun mal keine Herbststürme durch die hügelige
Landschaft, sondern eher recht gemächlich die Mähdrescher, die den gelblich-dunstigen
Staub von frisch abgeernteten Getreidefeldern hinterlassen. Mein erster Jagdausflug musste also ganz ohne
der herbstlichen Jagdromantik, so wie ich sie mir vorstellte, auskommen. Trotzdem
hatte die Stimmung etwas sehr
verheißungsvolles als wir mit dem 4x4 vom Asphalt in das Gelände abbogen und uns
am Waldrand auf eine große Lichtung zubewegten. Heute durfte ich einen Jäger
begleiten, der in der Oberlausitz vier Reviere betreut und mich zu einer der schönst gelegenen Kanzeln mitnahm. Hinter uns ein
kleiner wilder Bach, weit abseits der Spaziergängerpfade, wild und zugewachsen,
mit Baumstämmen, die Fischottern und Graureihern idyllische Ruheplätze bieten.
Vor uns die Lichtung, einem Gemälde gleich. Das klingt sicher gerade ein wenig kitschig, es war aber genau so. Hier sollten wir also die nächsten zweieinhalb Stunden ansitzen. Ich war gespannt.
Manfred Süße, seit mehr als 50 Jahren aktiver Jäger |
„Meister Lampe, bleib lieber im Dickicht und sperre deine
Lauscher gleich ganz ordentlich auf, damit du uns hoffentlich durch die Lappen
gehst“, dachte ich als wir die letzten Meter zu Fuß bis zur Kanzel
zurücklegten.
Mir war klar, dass Statusdenken oder die Freude am Gebrauch
einer Waffe die denkbar falschen Motivationen sind, um einen Jagdschein zu
erwerben. Davon mal abgesehen wusste ich nicht viel, was das Thema Jagd
betrifft.
Meine erste Überraschung war, dass wir uns auf der Kanzel mehr oder
weniger normal unterhalten konnten. Zwar gedämpfter als im Alltag, aber striktes
flüstern ist nicht notwendig. Diese
Tatsache trug natürlich wesentlich zum gelungenen Abend bei, denn so konnte ich
allerlei Wissenswertes über die Aufgaben eines Revier-Jägers erfahren, während
wir auf Rehe warteten, die in der Dämmerung den Wald für das Äsen verlassen.
Bis dahin bin ich irgendwie davon ausgegangen, dass es der Jäger bestimmt auf
ein Wildschwein abgesehen hatte. In meiner Vorstellung gehörten Wildschweine zu
den meist erlegten Tieren. Fehlannahme. Wildschweine sind sehr schwer zu jagen,
es soll sogar Jäger geben, die noch nie ein Wildschwein geschossen haben. Da
Wildschweine nachtaktiv sind, wird man sie bei der Ansitzjagd aufgrund der
Dunkelheit selten zu Gesicht bekommen. Außerdem hat vor allem das Schwarzwild
einen sehr gut ausgeprägten Geruchsinn, den Menschen nehmen sie bis auf 300 m
wahr. Das bedeutet, die Windrichtung muss stimmen, wenn man ein Wildschwein
schießen möchte. Wildschweine sind zudem sehr hart im nehmen. Eine
Schussverletzung können sie gut überleben und wieder auskurieren, der Jäger
spricht hier von hartschüssig. Hat eine Rotte einen Verlust zu beklagen,
wird die Leitbache gewissenhaft dafür Sorge tragen, dass dieses Gebiet
längerfristig gemieden wird. Alles in allem ist die Schwarzwildjagd eine echte Herausforderung
und braucht erfahrene Jäger.
Wichtiger als nicht
zu sprechen, ist übrigens das Nichtbewegen. Wildtiere sind sogenannte
Bewegungsseher. Das bedeutet, sie können sich ganz unbeeindruckt in nur ca.
zwei bis drei Metern Abstand vom Jäger aufhalten, solange er sich nicht
bewegt.
Der Jäger hat die volle Verantwortung für sein Revier und
muss garantieren, dass der Bestand gesund ist und in der Anzahl den forstlichen
Vorgaben entspricht. Ein gesunder Schalenwildbestand besteht aus etwa sechs bis neun
Tieren pro 100 ha. Als Revier-Jäger ist man für alle Schäden, die Wildtiere anrichten
verantwortlich. Gegen Wildschäden gibt es keinerlei Versicherung, der Jäger
muss im Falle eines Wildschadens diesen aus der eigenen Tasche begleichen. Deshalb
wird meist für die Sicherung von landwirtschaftlichen Flächen gegen Schwarzwild
zu anderen Mitteln gegriffen. Mit Hilfe von unangenehmen Duftstoffen oder durch
die Anwendung von biologischen Mitteln in der Landwirtschaft werden die
Schwarzkittel von den Flächen fern gehalten.
Die Jagdflächen pachtet ein Jäger von den Eigentümern. Wald
ist in Deutschland so gut wie kaum im Privatbesitz, sondern gehört den
Kommunen, dem Bundesforstamt oder ist Forstfläche, die unter kirchlicher
Verwaltung steht. Die Forstfläche meines
ersten Jagdausfluges ist im Besitz der Herrnhuter Brüdergemeinde und ist somit ein Kirchenforst. In der Oberlausitz gibt es ca. 70 Reviere. Weiße Flecken auf der
Verpachtungslandkarte gibt es derzeit nicht. Alle zur Verfügung stehenden
Flächen sind verpachtet. Die Zahl der Personen mit einem gültigen Jagdschein dürfte etwas höher sein als die Anzahl der Revier-Jäger, denn auch ohne Pachtvertrag ist es möglich, auf die Jagd zu
gehen. Pächter können einen sogenannten Begehungsschein gegen eine Gebühr, die
im Ermessen des Pächters liegt, ausstellen. Alternativ kann der Pächter vom 'Freizeitjäger' einen bestimmten Preis für das erlegte Wild verlangen oder
beide Varianten kombinieren.
Die Dämmerung ist mittlerweile der Dunkelheit gewichen. Rehe
haben sich heute nicht blicken lassen, dafür konnte ich zwei Hasen beim
verzückten Spiel auf der Lichtung durch das Fernglas beobachten. Meine anfängliche Sorge um das
Wohl der Hasen war übrigens unbegründet. Aufgrund des geringen Bestandes in der
Oberlausitz werden sie nicht geschossen.
Spätestens beim Kapitel 'Wild aufbrechen' (Fleischerdasein
mitten im Wald) fand ich es überhaupt nicht schlimm, dass heute kein Reh im
Fadenkreuz des Zielfernrohrs zu sehen war. Die Ruhe des Waldes und den Blick
über die Lichtung zu den tiefhängenden Tannen habe ich auch ohne Weidmannsheil sehr genossen. Mein Fazit des abendlichen Ausfluges; sieht man das Jagen unter
dem Gesichtspunkt der Gesunderhaltung der Wälder, werde ich sicher einen
solchen Ausflug wiederholen. Selbst als Freizeitjäger zum Gewehr greifen möchte
ich nicht. Zum einen fehlt mir die Gabe, mein linkes Auge zu schließen, während
mein rechtes geöffnet bleibt. Als Rechtshänder wäre dies aber sehr wichtig, um
erfolgreich durch das Zielfernrohr zu schauen. (Die Vorstellung, dieses
Unvermögen mit einer Schießbrille auszugleichen finde ich albern). Wie auch
immer, mein Respekt vor einem Lebewesen wäre viel zu hoch, als dass ich im
Freizeitumfeld Gefallen an der aktiven Jagd finden könnte.
Viele Grüße von
Für alle Hobbyköche und Wildliebhaber:
Wild direkt vom Jäger bei Manfred Süße, Fabrikgasse 4, 02708
Obercunnersdorf. Verkauf täglich nach telefonischer Anmeldung unter +49
(0)35875 60208